Gut zu wissen

Was bedeutet das Abschmelzen der Gletscher für die Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke?


Speicher- und Pumpspeicherkraftwerke wie die geplante Erweiterung Kaunertal erfüllen auch mit geringeren Abflussmengen ihre Rolle als flexible Energiespeicher für stabile Netze und sind daher ein idealer und langfristig verlässlicher Partner für die Energiewende. Hier kommt ihre lange Lebens- und Funktionsdauer von mindestens 100 Jahren zum Tragen.

Gletscherschmelze

Das Abflussverhalten von Gletscherbächen wird aber nicht nur von den Niederschlagsmengen, sondern vor allem vom raschen Abschmelzen der Gletscher beeinflusst:

  • Beispielsweise betrug die Gletscherfläche im Einzugsgebiet von Vent im Jahr 1969 noch rund 70 km² und reduzierte sich bis zum Jahr 2017 auf rund 45 km².
  • Bis 2050 kann in dem Gebiet von einer Gletscherfläche von etwa 20 km² ausgegangen werden.

Bei einem vollständigen Abschmelzen der Gletscher in ferner Zukunft wird sich der Jahresabfluss der Gletscherbäche im Einzugsgebiet von Vent um maximal 18% reduzieren. Die durch den Klimawandel bedingte Zunahme der Jahresniederschlagsmenge in Tirol ist dabei nicht berücksichtigt.

Klimawandel

Der Weltklimarat (IPCC*) der UNO veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Szenarien des Klimawandels (RCP**), welche abhängig von der Entwicklung der Weltbevölkerung und der zu erwartenden Treibhausgasemissionen errechnet werden:

  • In diesen Berechnungen geht man für Tirol bis 2050 von einem Anstieg der Jahresdurchschnitts-temperatur von etwa +2 °C gegenüber dem Mittel von 1971-2000 aus.
  • Für die fernere Zukunft 2071-2100 wird von einem Temperaturanstieg von +2,3 °C bis zu +4,2 °C je nach Szenario ausgegangen.
  • Diese Temperaturanstiege haben einen Einfluss auf die Jahresniederschlagsmengen, wobei für die ferne Zukunft prognostiziert wird, dass die Niederschläge in Tirol um +4,9 bis +6,5% steigen.

* IPCC: Intergovernmental Panel on Climate Change
** RCP: representative Concentration Pathways

Können Pumpspeicherkraftwerke durch Batteriespeicher ersetzt werden?


Nein. Um die künftigen Herausforderungen im Energieversorgungssystem zu bewältigen, brauchen wir eine ganze Reihe von Speichermöglichkeiten.
Speichermöglichkeiten

So können Batteriespeicher im kurzfristigen Zeitbereich einen erheblichen Nutzen für stabile Systeme bringen. Bei einem über mehr als ein paar Stunden hinausgehenden Flexibilitätsbedarf sind Batteriespeicher allerdings ungeeignet. Von einer Konkurrenzsituation zu Pumpspeicherkraftwerken kann deshalb keine Rede sein. Um rasche Veränderungen in der Stromerzeugung und -nachfrage auszugleichen, werden Batterie- und Pumpspeicherkraftwerke notwendig sein, da das europäische System in Zukunft mit großen Schwankungen innerhalb weniger Stunden konfrontiert sein wird.

Engpässe und Spitzen

Pumpspeicherkraftwerke mit großen Speichern können nach Bedarf Strom auch über längere Perioden erzeugen und helfen so, Engpässe und Spitzen in der Produktion und Nachfrage auszugleichen. Sie tragen zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit im Energiesystem Europas bei.

Speicherdauer

Aufgrund des vergleichsweise großen Speichers Platzertal (42 Mio m³ Speichervolumen) kann das Pumpspeicherkraftwerk Versetz über längere Zeit durchgängig entweder im Pump- oder im Turbinenbetrieb betrieben werden. Die Speicherdauer, die angibt, wie lange ein Speicher Energie liefern kann, beträgt bis zu 14 Tage mit voller Leistung. Batteriespeicher kommen jeweils nur auf wenige Stunden.

Winterlücke

Im Gegensatz zu Pumpspeicherkraftwerken verringern Batteriespeicher die sogenannte Winterlücke nicht. Die Verlagerungsmöglichkeit von Speichermengen wird allerdings dringend benötigt. Bereits heute besteht eine große Energie-Deckungslücke, wenn der Wind über länger andauernde Perioden nicht weht oder die Sonne sich über mehrere Tage nicht sehen lässt. Dies wird sich in Zukunft mit dem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen noch weiter verschärfen und die Winterlücke in Österreich und insbesondere Tirol noch weiter vergrößern.

Blackout und Inselversorgung

Auch im Blackout-Fall kann mit der Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal ein wesentlicher Beitrag zur Inselversorgung von Tirol geleistet werden. Dies stellt einen weiteren Pluspunkt gegenüber Batteriespeichern dar.

Lebensdauer

Batteriespeicher haben eine sehr überschaubare Lebensdauer, die je nach Anwendungsfall deutlich unter 15 Jahren liegen kann. Pumpspeicherkraftwerke wie das Kraftwerk Versetz weisen hingegen sehr lange Lebenszyklen auf – sie sind in der Regel auf 100 Jahre ausgelegt.

Investitionskosten

Pumpspeicher sind aufgrund ihrer ausgereiften Technik und Lebensdauer langfristige und finanzierbare Investitionen. Batteriespeicher kosten im Vergleich mindestens zehnmal mehr als ein Pumpspeicher. Dabei sind die Kosten für den wesentlich höheren Flächenbedarf noch gar nicht berücksichtigt.

CO2-Bilanz

Die CO2-Bilanz von Batteriespeichern ist um den Faktor 5-10 schlechter als jene von Pumpspeicherkraftwerken. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass Batteriespeicher seltene Erden wie Lithium oder Kobalt verwenden, die abgebaut, transportiert und verbaut werden müssen, während Pumpspeicher Wasser als Speichermedium nutzen. Das Material für den Dammbau eines Pumpspeichers kommt zu einem Großteil aus der unmittelbaren Umgebung. Somit sind Pumpspeicherkraftwerke die wesentlich klimafreundlichere Technologie.

Flächenbedarf

Für die im geplanten Speicher Platzertal gesamte speicherbare Energiemenge müssten in jeder der 277 Tiroler Gemeinden Batteriespeicher mit einem Flächenbedarf im Ausmaß von 20 Fußballfeldern errichtet werden. Dabei sind die für Batteriespeicher typischen Speicherverluste, die bereits rasch auftreten und man schon von der Handybatterie kennt, nicht berücksichtigt.

Hat die Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal Auswirkungen auf die Sicherheit des Gepatschspeichers?


Nein. Der Gepatschspeicher bleibt auch mit der Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal sicher.
Hänge am Gepatschspeicher

Bei den Planungen zur Erweiterung des Kraftwerkes Kaunertal wurde das bestehende geologische Modell beim Gepatschspeicher durch zusätzliche Erkundungen des Untergrundes sowie Messungen weiter vertieft. Die Auf- und Abstaugeschwindigkeiten aus dem geplanten Pump- und Turbinenbetrieb des Speichers Platzertal werden im Vergleich zu jenen im derzeitigen Betrieb nicht verändert. Das Ergebnis: Der geplante Pumpspeicherbetrieb mit dem Speicher im Platzertal hat keine Auswirkungen auf die Hänge des Gepatschspeichers. All das wird im UVP-Verfahren von unabhängigen Gutachtern der Behörde überprüft.


Monitoring

Die Kriechhänge rechts und links im Speicher werden seit der Inbetriebnahme permanent beobachtet. Messungen und regelmäßige Vorortbegehungen werden durchgeführt, begutachtet, interpretiert und beurteilt. Verantwortlich für all diese Aktivitäten sind weisungsfreie (!) Mitarbeiter der TIWAG, sogenannte Talsperrenverantwortliche bzw. deren Stellvertreter. Sie sind rund um die Uhr (24/7) im Einsatz und verpflichtet, alle besonderen Beobachtungen, Messergebnisse und Maßnahmen rechtzeitig, lückenlos und wahrheitsgetreu der Behörde zu berichten. Es erfolgt eine jährliche Überprüfung und Berichterstattung an die Behörde. Alle fünf Jahre findet zusätzlich eine Begehung und Begutachtung des Dammes und des Speichers durch unabhängige Fachexperten der österreichischen Staubeckenkommission statt.

Was bedeutet der neue Speicher im Platzertal für die dortigen Feuchtgebiete?


Im Platzertal sind rund 7 ha wertvolle Feuchtböden vom neuen Speicher betroffen. Ein Vielfaches dieser Fläche wird als Ausgleich an Feuchtgebieten im Umfeld des Speichers vernässt bzw. neu angelegt. So ist es beispielsweise TIWAG im Rahmen des Erweiterungsprojektes Kühtai im Längental gelungen, ein ähnliches Kleinseggenried / Niedermoor zu verlegen bzw. neu anzulegen (siehe Pilotprojekt für Feuchtböden).  Der frühere Bereich des Torfabbaus im Piller Moor wird umfassend renaturiert und wiedervernässt.

Moor ist nicht gleich Moor!

Es ist falsch, im Platzertal von einem Hochmoor zu sprechen. Richtig ist, dass weniger als 1 ha Niedermoor vom Speicher betroffen ist. Das Feuchtgebiet mit dem 1 ha großen Niedermoor im Platzertal kann 1.500 t CO2 speichern. Zum Vergleich: Durch die Erweiterung Kaunertal können mehr als 20 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen Tirols eingespart werden, das sind bis zu 1 Mio. t CO2 jährlich. Damit ist die Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal gelebter Klimaschutz.

CO2-Speicher

Die von Umweltorganisationen oft angesprochene  CO2-Speicherung durch Moore gilt vor allem für Moore mit großen und mächtigen Torfkörpern, wie man sie z. B. mit einer Fläche von 125 Millionen Hektar in Russland findet. Der Feuchtflächenkomplex im Platzertal kann aufgrund der überwiegend geringen Moorbodenmächtigkeit (großteils unter 5 cm, kleinflächig über 30 cm) keinen nennenswerten Beitrag zur CO2-Speicherung leisten.

Hat die Erweiterung Kaunertal negative Auswirkungen auf die Wasserversorgung im Ötztal?


Nein! Wir haben größtes Verständnis für alle Bedenken der lokalen Bevölkerung hinsichtlich ihrer Wasserversorgung. Was uns daher sehr wichtig ist: Die lokale Wasserversorgung im Ötztal hat dank dem Wasserrechtsgesetz immer Vorrang und ist auch mit ausreichenden Reserven für die Zukunft gesichert.
Lokale Wasserversorgung

Die Trinkwassernutzung im Ötztal wird überwiegend durch Quellen, also Bergwässer und nur vereinzelt durch Brunnen am Talboden abgedeckt. Die Erweiterung Kaunertal wird nur Oberflächenwasser vom Frühjahr bis Herbst nutzen und berührt Quellen und Grundwasserbrunnen nicht.

Vorbehaltsmenge für Trink- und Brauchwasser

Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen & Tourismus hat im wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Tiroler Oberland eine sogenannte Vorbehaltsmenge von Trink- und Brauchwasser mit 100 l/s bzw. 3,15 Mio. m³/a für das Ötztal verordnet. Diese Vorbehaltsmenge ist eine rechtlich festgelegte Größe, die den künftigen Trink- und Nutzwasserbedarf im Ötztal sichert. Diese Wassermenge muss immer für Trink- und Nutzwasser wie beispielsweise auch für die Landwirtschaft (ohne Beschneiung) zur Verfügung stehen und ist daher von bestehenden und künftigen Kraftwerksbetreibern zwingend einzuhalten.

Landwirtschaft

Auch die Nutzung von Wasser für die Landwirtschaft ist im Wasserrechtsgesetz geregelt. Die Bauern bewässern ihre Betriebe über eigene Quellen, bei Bedarf sind daher auch nach der Umsetzung wasserrechtliche Ansuchen zur Entnahme aus der Ache möglich.

Grundwasser

Durch das Vorhaben wird sich die Grundwassersituation im Ötztal nicht verändern. Der Grundwasserkörper im Ötztal wird maßgeblich vom Bergwasser gespeist und ist nicht vom Abfluss in der Ötztaler Ache abhängig. Dies wurde über aufwändige jahrelange Messungen, geologische Untersuchungen und Grundwassermodellierungen nachgewiesen.

Was kann die Erweiterung Kaunertal für den Hochwasserschutz im Ötztal leisten?


Die Erweiterung Kaunertal wird die Hochwassersituation im Ötztal deutlich entschärfen und einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Bevölkerung und Infrastruktur leisten.
Rückhaltung von Wasser

Durch die Abwesenheit der Gletscher verliert man auch deren Speicherfähigkeit von Wasser. Das führt dazu, dass Regenwasser schneller in das Tal abfließt und somit die Gefahr von Hochwassersituationen zunimmt.

Die Möglichkeit des Zurückhaltens von Wasser im Hochgebirge in den Speicherseen wird daher immer wichtiger.


Wasserfassungen

Die Wasserfassungen an der Venter und Gurgler Ache sind so gestaltet, dass sie gerade im Hochwasserfall große Wassermengen aufnehmen können. Der Hochwasserabfluss wird reduziert und das Wasser wird im Speicher Gepatsch und in dem neuen Speicher im Platzertal zurückgehalten. Damit unterscheiden sich die neuen Wasserfassungen maßgeblich von den in Tirol weit verbreiteten Tiroler Wehren, die bei Hochwasserereignissen nur sehr beschränkt Wasser aufnehmen können.

Modellversuch

Die Funktionalität dieser Wasserfassungen wurde am Beispiel der Gurgler Ache durch einen physikalischen Modellversuch an der Universität Innsbruck überprüft. Bei diesem Modellversuch hat die Universität das zukünftige Bauwerk maßstabsgetreu aufgebaut und verschiedene Szenarien und Bauwerksbelastungen untersucht.

 

Der Modellversuch hat eindeutig bestätigt, dass

  • der Einzug bei Hochwasser gewährleistet ist,
  • das Geschiebe zurückgehalten bzw. durch Spülungen nach dem Hochwasser wieder abtransportiert werden kann und
  • das Bauwerk der Wasserfassung dem Hochwasser standhält. 
Hochwasserspitzen

Die Hochwasserspitzen von 1985 und 2010, das Ereignis 1987 sowie jenes vom August 2023 hätten durch diese Wasserfassungen deutlich abgemildert werden können. Mit den neuen Wasserfassungen an Gurgler und Venter Ache ist künftig mit keinen Ausuferungen bei einem HQ30 zu rechnen, die Wahrscheinlichkeiten von Überflutungen reduzieren sich auf 1x in 300 Jahren und alle anderen Gebiete sind nur mehr bei Extremstereignissen betroffen.